Das Unternehmen ist ein In-sich-geschlossenes-System und Veränderungen an einer Stelle führen unweigerlich zu Veränderungen im gesamten System. So ist manchmal die Frage, ob Konflikte zwischen Mitarbeitern von den betroffenen Mitarbeitern selbst ausgehen? Oder vielleicht aufgrund der Unternehmenskultur oder des Umfelds der Mitarbeiter, die den Konflikt miteinander haben, beeinflusst werden?
Unter anderem biete ich auch Wirtschaftsmediation an. Dabei kann es um Konflikte mit Lieferanten oder Kunden gehen. Oder um Konflikte der Firmeninhaber selbst. Die Konflikte können aber auch zwischen Teams oder Einzelpersonen im Unternehmen entstanden sein.
So wurde ich zu einem Produktionsunternehmen gerufen, wo es vordergründig um den Konflikt zwischen zwei Mitarbeiterinnen ging, die ursprünglich gut zusammengearbeitet hatten, aber – aus welchem Grund auch immer – nun gegeneinander arbeiteten, sodass es bereits Unternehmensschädlich geworden war.
Beim Kennenlernen der beiden Frauen betonte ich, dass ich als Mediatorin Verschwiegenheitspflicht habe und auch mit dem Unternehmen vereinbart hatte, dass keine Details aus dem Mediationsverfahren von meiner Seite an die Unternehmensleitung weitergeleitet werden.
Bei den beiden Damen handelte es sich um eine bosnische und eine österreichische Staatsbürgerin. Erstere hatte sprachlich einen klaren Nachteil gegenüber der sprachlich sehr gewandten Österreicherin. Dies tat die Bosnierin im ersten Kennenlern-Gespräch, welches unter 4 Augen stattfand, besorgt kund. Ich erklärte ihr, dass es meine Aufgabe als Mediatorin ist, auf solche Benachteiligungen zu achten und diese auszugleichen versuchen.
In diesen beiden Erstgesprächen ging es vor allem darum, den Beiden getrennt voneinander zu erklären, wie ein Mediationsverfahren abläuft und ihre Bedenken und Sachverhaltsdarstellungen zu hören, ohne zu urteilen. Nicht zuletzt ist es für eine Mediation zwingend erforderlich, dass alle Beteiligten freiwillig einer Mediation zustimmen. Diese Zustimmung erhielt ich am Ende der Erstgespräche von Beiden.
Wie läuft nun ein Mediationsverfahren ab? Grundsätzlich sind es mehrere Phasen, die in mehreren Sitzungen abgearbeitet werden. Das Tempo bestimmen die Medianten und hängt nicht zuletzt von der Vielschichtigkeit des Konflikts ab. Der grobe Ablauf sieht wie folgt aus:
Einführung / Aufklärung
In dieser Phase erklärt der Mediator nochmal den Ablauf und das Ziel. Er holt sich die Zustimmung der Beteiligten zu den vereinbarten Regeln und für das Bemühen jedes Einzelnen, eine gemeinsame Lösung zu finden.
Themensammlung
Bei einem Konflikt geht es meist um ein Thema, welches in mehrere Subthemen zu gliedern ist. Hier werden die Sichtweisen der Beteiligten widergespiegelt. Der Mediator visualisiert die Themensammlung (meist auf einem Flipchart) und achtet darauf, dass beide in etwa gleiche Redezeitanteile haben. Verständnisfragen sind hier sogar erwünscht, wenn etwas unklar ist.
Interessen und Bedürfnisse der Medianten
Hier geht es darum den Eisberg unter der Oberfläche zu finden. Worum geht es den Einzelnen nun wirklich? Welche Motive, Gefühle, Bedürfnisse stecken dahinter? Durch geschickte Fragetechniken kitzelt der Mediator diese Informationen heraus. Meist beginnen dann an dieser Stelle die beiden Medianten einander zuzuhören. Zuvor muss oft der Mediator das Gesagte des Einen für den Anderen „übersetzen“ bzw. „reframen“, damit dieser es annehmen kann.
Erarbeitung von Lösungsoptionen
Der Grundstein dafür wurde bereits in der vorherigen Phase gelegt. Indem man die Bedürfnisse der Medianten kennt, können Lösungsoptionen erarbeitet werden. Das dürfen durchaus auch kreative oder verrückte Lösungsmöglichkeiten sein. Alles ist erlaubt. Man sammelt gemeinsam so viel, wie das Brainstorming ergibt. Dann wird jeder einzelne Lösungsvorschlag diskutiert und auf Umsetzbarkeit geprüft. In einem nächsten Schritt werden die verbleibenden Lösungsoptionen bewertet. Ein Konsens wird angestrebt.
Einigung / Vereinbarung
Die gemeinsam erarbeitete und entschiedene Vereinbarung wird schriftlich festgehalten und von den Medianten unterschrieben. Die Konfliktparteien entscheiden selbst über den Inhalt, er wird allen einmal vorgelesen und im Anschluss von allen Beteiligten, auch dem Mediator, unterzeichnet. Es kann auch ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden, der den Text der Vereinbarung für die Medianden überprüft oder ggf. im Detail ausformuliert.
Im oben genannten Fall stellte sich heraus, dass durch das Verhalten des Vorgesetzten der beiden Damen der Konflikt ursprünglich entstanden ist und sich dann auf die beiden Kontrahentinnen konzentriert hat. Die beiden Damen fanden im Mediationsverfahren (dieses ging über 4 Treffen) eine Lösung, die für beide passend war.
Im Anschluss an das Mediationsverfahren, wendete ich mich an die Unternehmensleitung und hinterfragte die Firmen- und Kommunikationskultur. Ich konnte aufzeigen, dass der Anlass für diesen Konflikt in der bestehenden Unternehmenskultur, konkret in der Kommunikationskultur zu finden war.
So kam es, dass ich gemeinsam mit den Führungskräften auch noch Verbesserungen in der Kommunikation erarbeiten durfte …