Gerne bezeichnet man Nachbetrachtungen von abgeschlossenen Phasen als „Manöverkritik“ oder „Lessons Learend“. Ziel ist es, daraus zu lernen. Im Unternehmen gibt es aber noch viel mehr Instrumente, um organisationales Lernen zu forcieren.
Ein wirklich schwieriges Unterfangen ist das Lernen innerhalb von Organisationen. Mit „organisationalem Lernen“ ist nicht das Lernen des Individuums gemeint, sondern das gemeinsame Lernen an einer Sache. Von selbst passiert das meist nicht, weil die Anreize und Möglichkeiten fehlen. Unternehmen müssen sich hier genaue Gedanken darüber machen, wie sie in ihrer eigenen Organisation Anreize schaffen, um Wissen zu teilen.
Hierzu gibt es verschiedene Ansätze. Ein bewährtes Mittel sind „Lessons Learned“. Das kann nun beispielsweise nach einem Verkaufsgespräch stattfinden. Oder nach einem Kundenprojekt. Oder auch einem internen Organisationsprojekt. Selbstverständlich ist es besser, man unterhält sich darüber auf der Heimfahrt vom Verkaufsgespräch als gar nicht. Aber noch besser wäre es, einen kleinen Workshop daraus zu machen und die Ergebnisse schriftlich festzuhalten.
Fragen, wie z.B.
Was ist uns gut gelungen und warum?
Wo haben wir Verbesserungsbedarf? Wie könnte dieser aussehen?
Was nehmen wir uns für nächstes Mal vor?
können so von allen Beteiligten beantwortet werden. Wenn dann noch ein Moderator durch die Erkenntnisse führt und zu einem Maßnahmenplan lenkt, perfekt!
Das Teilen der Ergebnisse aus einem Lessons Learned Workshop mit einem größeren Kreis – also Personen, die nicht am Geschehen beteiligt waren – bringt den größtmöglichen Know-how-Aufbau.
Womit wir schon beim Thema „Ablage und Zugänglichkeit von Wissen“ wären. In den vergangenen zwei Jahrzehnten war das Thema „Wissensmanagement“ ein heißes Eisen. Konzepte dazu gab es wie Sand am Meer. In der Zwischenzeit haben sich die technischen Möglichkeiten und auch die Arbeitsweisen der Menschen vorteilhaft verändert. Es ist nun einfacher, ohne komplexe Beschlagwortung und genau definierte Ablageorte, rasch in der Organisation auf Wissen zugreifen zu können.
Intranets – also Online-Inhalte im Unternehmen – die auch Interaktion ermöglichen, sind bestens dafür geeignet. Kommunikationsmöglichkeiten via Chats, z.B. mit Microsoft Teams, ermöglichen auch das rasche Fragen in die Runde. So kann jeder, der sich selbst als Experte sieht, oder eine Antwort auf die Frage hat, unbürokratisch antworten. Durch gute Suchmöglichkeiten lassen sich auch ältere Informationen in Dokumenten und Kommunikationskanälen finden.
Vielfach fällt die Information einfach während der Arbeit automatisch an. D.h. niemand muss extra Aufwand betreiben, um Information zur Verfügung zu stellen. Dies war früher oft ein Hinderungsgrund, sein Wissen bereit zu stellen.
Auf das Thema „Communities“ möchte ich noch extra eingehen. Darunter versteht man Interessensgemeinschaften im Unternehmen, z.B. Projektmanager oder Teamleiter, die gleiche Probleme und Aufgaben haben. In modernen Unternehmen haben sie die Möglichkeit, sich sowohl real als auch digital auszutauschen. Nehmen wir jetzt mal eine Teamleiter-Community. Sie trifft sich mehr oder weniger moderiert in regelmäßigen Abständen und bespricht Themen und Probleme zu Personalführung und Organisation von Ressourcen.
Die Inhalte dieser Treffen sind derart interessant und für alle nützlich, dass die Teamleiter ein Eigeninteresse daran haben, sich entsprechend Freiraum in ihrem Terminkalender zu schaffen, um an diesen Treffen teilnehmen zu können. Zusätzlich kann man dieser Community auch noch einen geschlossenen virtuellen Raum zur Verfügung stellen, wo sie sich jederzeit informell austauschen kann. Communities aufrecht und interessant zu halten, ist eine eigene Wissenschaft und nicht einfach, aber machbar.
Es gibt jedoch auch die Möglichkeit an Führungskräfte-Communities außerhalb des eigenen Unternehmens, mit Teamleitern aus anderen Firmen, aber in derselben Branche teilzunehmen. Diese finden oftmals als Netzwerktreffen mit Impulsvorträgen am Abend, beispielsweise in einem Café, statt. Durch die Pandemie hat es sich jedoch auch eingebürgert, dass manche dieser Netzwerktreffen – vor allem, wenn sie überregional sind – online stattfinden. So kann sich der Teamleiter aus Wien mit einem Kollegen in Berlin und München austauschen.
Selbstverständlich kommen auch noch Inhouse-Schulungen dazu, welche aber eher unter Weiterbildung als organisationales Lernen fallen. Empfehlenswert sind 2- bis 3-stündige Workshops, die ganz gezielt für eine bestimmte Zielgruppe in der Organisation veranstaltet werden. Das spezielle Thema hat dabei eine gewisse Brisanz. Gibt es hier dann noch ein gemeinsames Brainstorming oder einen Erfahrungsaustausch sind wir wieder beim organisationalen Lernen angelangt.
Dies waren nur ein paar Beispiele, die zeigen sollen, dass von Nichts Nichts kommt. Zu glauben, dass organisationales Lernen von selbst stattfindet, ist schlichtweg fahrlässig. Was nämlich u.a. ein ganz wesentlicher Aspekt ist, ist die Unternehmenskultur, die dazu passen muss. Dabei sollte es selbstverständlich sein, Kollegen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, einander zu helfen und unterstützen, Freude am Teilen des eigenen Wissens zu haben. Dazu gehört eine gewisse Offenheit in der Organisation sowie genügend Zeit und Raum für den Austausch untereinander, ohne dass der Chef schon böse auf die Uhr blickt.
Letztlich ist es auch wesentlich, wie die Kultur des Scheiterns gelebt wird. Denn wird jeder Fehler geahndet und bestraft, dann wird niemand Neues ausprobieren wollen und kann so auch nicht zum organisationalen Lernen beitragen. Wenn hingegen Fehler machen genauso dazu gehört – ich kenne sogar Unternehmen, die Fehler feiern – dann werden die Mitarbeiter experimentierfreudiger und innovativer und teilen ihre Erkenntnisse gerne mit andern. Selbst, wenn sie scheitern.
Gerne mehr in einem persönlichen Gespräch zu diesem Thema, wozu ich u.a. für die Pflege im Krankenhaus ein Buch geschrieben habe.