Oft ist ein Streit als solcher gar nicht zu erkennen. Viel zu subtil sind die Aktionen, die manche Mitarbeiter setzen. Streng genommen könnte man manchmal sogar von Sabotage im eigenen Haus sprechen. Aber was steckt dahinter?
Grundsätzlich gibt es verschiedene Gründe, warum es zu Unstimmigkeiten zwischen zwei oder mehreren Abteilungen oder Teams kommen kann.
Streit Grund Nr. 1: Prozesse nicht oder unklar definiert
Dies ist der häufigste Grund, warum es zu Nahtstellen im Unternehmen kommt. Fritz glaubt, das ist die Aufgabe von Manuela. Und Manuela glaubt wiederum, dass es nicht ihre Aufgabe, sondern jene von Fritz sei. Wenn diese Aufgabe dann niemand erledigt, kommt es zu Produktionsstörung, -stillstand, Qualitätsmangel, einem aufgebrachten Chef usw. Bestenfalls geraten Fritz und Manuela darüber in Streit, wessen Aufgabe es ist. Sie fordern Aufklärung vom Vorgesetzten. Wunderbar, dann erkennt man diese Nahtstelle im Prozess sofort und kann sie korrigieren. Leider ist das nicht immer der Fall. Es kommt auch häufig vor, dass dann hinterrücks richtige Böswilligkeiten entstehen.
In solchen Fällen sollte man immer genau auf die Prozesse mit ihren Schnittstellen oder Nahtstellen schauen. Sehr häufig findet man dort das Übel.
Streit Grund Nr. 2: Unterschiedliche Interessen der Führungskräfte oder Abteilungen
Nehmen wir als Beispiel Abteilungsleiter 1, der für die Qualität im Unternehmen verantwortlich zeichnet. Er besteht darauf, dass die Qualitätsmaßnahmen eingehalten werden, um eine hohe Qualität zu gewährleisten. Dann gibt es den Abteilungsleiter 2, der für einen Teil der Produktion verantwortlich ist. Er wird an der ständigen Steigerung der Stückzahl der produzierten Teile gemessen. Abteilungsleiter 2 hat kein Interesse daran, dass seine Mitarbeiter zu viel Zeit für Qualitätsmaßnahmen aufwenden. Sie sollen lieber in der verfügbaren Zeit mehr Stück produzieren. Es gibt hier einen Konflikt zwischen den beiden Abteilungsleitern aufgrund der unterschiedlichen Ziele, die sie verfolgen. Hier kann es zu einem verdeckten Streit kommen, der nicht offen ausgetragen wird.
Vielfach erkennen dies die Führungskräfte nicht. Hier hilft meist ein Berater, der als Außenstehender eher einen geschulten Blick hat. Ist der Grund erstmal erkannt, sollte man in einem solchen Fall die Ziele der einzelnen Abteilungen überarbeiten, sodass Konflikte von vornherein reduziert werden können.
Streit Grund Nr. 3: Neid auf Andere
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Es gibt eine Berufsgruppe im Unternehmen, die sehr gut entlohnt wird. Es sind in diesem Beispiel die Juristen. Die Geschäftsführung erwähnt sie ständig lobend. Und dann gibt es die Sekretariatsmitarbeiter, die nur einen Bruchteil verdienen. Sie haben ständig Stress, weil es so viel Arbeit gibt und sie nicht einmal Zeit für eine Mittagspause haben. Die Juristen aber verlassen oftmals das Haus für zwei Stunden, um den Lunch mit Kunden einzunehmen. Dann zahlt ihnen das Unternehmen auch noch ihr Mittagessen. Ist das nicht ungerecht? Da kann schon mal jemand den Hals vollkriegen und wegen einer Kleinigkeit einen Streit vom Zaun brechen.
Hierbei handelt es sich meist um einzelne Personen. Beobachtet man eine solche Situation wird man auch nicht sofort erkennen, dass eigentlich Neid dahintersteckt. Hier empfiehlt sich ein Gespräch unter vier Augen mit jener Person, die den Streit angezettelt hat. Durch geschickte Fragetechniken kann man den dahinterliegenden Grund herausfinden.
Streit Grund Nr. 4: Persönliche Abneigung
Das gibt es immer wieder. Die eine Person mag die andere einfach nicht. Hier möchte ich auch auf die karmischen Verbindungen hinweisen. Als Vorgesetzter kann man zwar das Gespräch suchen, aber man kommt nicht groß weiter.
Streit Grund Nr. 5: Überforderung der Mitarbeiter
Wenn man zu viel von den Mitarbeitern erwartet, schlägt irgendwann die Herausforderung in Überforderung und letztlich in Frustration um. Hier kann es sich darum handeln, dass der Mitarbeiter zu wenig Zeit hat, um seine Aufgaben zu erledigen. Er also nie mit der Arbeit fertig ist, wenn er abends nach Hause geht. Oder es kann sich um eine inhaltliche, fachliche Überforderung handeln. Auch diese führt letztlich zu Frustration, die sich häufig in einem Streit mit Kollegen entlädt. Als Führungskraft sollte man hier darauf achten, dass es erst gar nicht zu Überforderungen kommt.
Selbstverständlich gibt es viele weitere Gründe für einen Streit im Unternehmen. Viele davon lassen sich mittels Workshops und Teambuilding-Maßnahmen lösen. Hier sei noch kurz ein Beispiel angesprochen, das ich erst unlängst ergab:
Ein Beispiel aus dem Vertrieb:
Ein Handelsunternehmen hatte das Problem, dass es Konflikte zwischen dem Außen- und Innendienst gab. Der Außendienst – gut bezahlt – hat einen Gebietsschutz und erhält die Provision auch, wenn der Kunde den gesamten Auftrag direkt über den Innendienst abwickelt. Hinzu kommt, dass der Außendienst noch vom „alten Schlag“ ist und darauf pocht, keine modernen Kommunikationsmittel zu verwenden. (jeder ist mit einem iPad ausgestattet, das nicht verwendet wird) Das Argument des Außendienstes war zudem, dass er aufgrund vieler Fahrkilometer keine Zeit verschwenden könne und daher alle Aufträge während der Fahrt mündlich über Telefon weitergegeben werden.
Die Folge war eine komplette Überlastung des Innendienstes, der auf Zuruf der Kunden und der Außendienstmitarbeiter agieren musste. Als die Geschäftsführung auf mich zukam, war eine meiner ersten Fragen, wie denn der Prozess geregelt sei. Dabei stellte sich heraus, dass es keinen genau definierten Prozess gab, sondern das Ganze so über die Jahrzehnte entstanden ist. Es handelte sich hier also um Streit Grund Nr. 1 + 3 + 5.
Ein Ganztages-Workshop wurde organisiert. Allein die Tatsache, dass sich alle Beteiligten in einem Raum befunden haben, setzte bereits spannende Energien frei. In dem Workshop wurden dann zunächst die Stärken der einzelnen Personen herausgearbeitet und die Erkenntnis, dass sie alle zusammen als Team stark sind. Im nächsten Schritt wurden die Prozesse ganz genau erarbeitet. Jeder Mitarbeiter konnte Verbesserungsvorschläge einbringen und musste sich letztlich mit dem Erarbeiteten einverstanden erklären.
Es war spannend zu beobachten, wie eklatant der Unterschied in der Energie zwischen dem Eintreffen der Personen und dem Abschluss des Workshops war. Am Ende waren sich alle einig, dass sie ihre Ziele nur gemeinsam erreichen können. Es gab viel Verständnis füreinander und Offenheit untereinander. Es war das erste Mal seit über 2 Jahren, dass alle Kollegen gemeinsam im Anschluss des Workshops freiwillig auf ein Bier gegangen sind.
In einem Folgeworkshop, welcher ca. ein dreiviertel Jahr später stattfand, wurden die gesetzten Maßnahmen evaluiert und das Klima innerhalb dieser beiden Abteilungen genau angeschaut. Ein paar kleine Anpassungen hier und da waren nötig, bzw. wurden weitere Verbesserungsvorschläge eingebracht. Alle Mitarbeiter gaben an, dass sie nun wieder mit mehr Freude ihren Job machen und sie sich weniger gestresst fühlen.
Also schauen Sie hin, wenn es Konflikte gibt und versuchen Sie selbst oder mit Hilfe von außen, diese zu lösen. Es lohnt sich in den meisten Fällen.